Während wir Erwachsenen bei einem umgefallenen Baumstamm nichts sehen können, als eben einen umgefallenen Baumstamm, sieht ein Kind ganz andere Dinge darin wie etwa ein Piratenschiff. Hand aufs Herz: Wer denkst du denn hat Recht?
Irgendwie ist es beinahe merkwürdig. Wir gehen den ganzen Tag mit offenen Augen durch die Welt, aber viele von den Dingen die wirklich wichtig wären, kann man nicht sehn. Was ich für meine Lebensgefährtin, meinen besten Freund, meine Mum oder meinen Dad empfinde lässt sich mit Augen nicht beobachten. Da kannst du noch so genau hinsehen. Du wirst nichts finden.
Finden lassen sich derartige Dinge nur, wenn du damit aufhörst deinen Augen darin zu vertrauen, dass Sie dir die Wirklichkeit zeigen. Tun sie nicht. Wenn sie das nämlich tatsächlich täten, könnten im Umkehrschluss blinde Menschen niemals die Wirklichkeit erleben. Können sie aber. Und oft ist diese Wirklichkeit ein viel realeres und konkreteres Abbild der Welt, als wir Sehenden meinen.
Als ich 19 Jahre alt war habe ich einen Vortrag von einer blinden Person besucht, die mir und anderen erzählt hat, wie er es geschafft hat alleine und komplett ohne Augenlicht, mit einem Schiff den Ärmelkanal zu überqueren. Nun ja, wer so eine Geschichte hört, beginnt eben gewisse Dinge zu hinterfragen. Ich weiß, dass meine Leidenschaft für Musik auch durch diese Geschichte als Teenager nur noch intensiver wurde. Auch Musik ist nämlich unsichtbar. Das Paradoxe allerdings ist:
Nur weil etwas nicht sichtbar ist, heißt das nicht, dass du es nicht sehen kannst… und nur weil du etwas nicht sehen kannst, heißt das nicht, dass es nicht da ist.
„Ich kann es sehen“ heißt die neue Pop-Single der Universal Music, die ich zusammen mit dem Künstler Orry Jackson und meinem Co-Writer Hubert Molander geschrieben habe. Um unseren musikalischen Ansatz grob zu umreißen: Wir wollten deutsche Popmusik mit amerikanischem Sound verschmelzen. Wir wollten weg vom Deutschrock, weg von dem was sich bei uns bewährt hat und weg von einer deutschsprachigen Popmusik der nur so tut, als ob sie international wäre. Ist sie nämlich im Regelfall nicht.
Welcher Künstler in unseren Breiten klingt denn schon nach Jason Derulo, Bruno Mars oder Taylor Swift? Wer kombiniert denn Songs, Sound, Stimme und Produktion zu einer derartigen Fusion? Nicht das wir hier im deutschsprachigen Raum irgendetwas schlechter machen würden, aber Fakt ist: Im Regelfall machen wir die Dinge definitiv anders, als die Amis. Das passt natürlich auch! Es sei denn, man steht auf den Sound der Amis. Wie Orry das eben tut.
Auch ich habe sehr lange gebraucht um diese marginalen Unterschiede in der Musik tatsächlich zu verstehen. Ich hatte einfach kein Bild davon, wie das überhaupt klingen könnte. Deutscher Pop im echten Ami-Sound? Konnte ich mir nicht vorstellen. Lange Zeit nicht. Jetzt ist das aber anders.
Ich kann es sehn.
Siehst du es auch?
Keep on Songwriting,
Emi